6883.01-1/73                                                                                    1. Oktober 2020

Sorgearbeit im Lebenslauf absichern

Aufgrund von Kindererziehungszeiten, Familienarbeit und Pflegearbeit entstehen bei vielen Frauen Lücken in ihrer Altersversorgung, weil sie beruflich zurückstecken.

Da viele Frauen in Berufen arbeiten, die in niedrige Lohngruppen eingeordnet sind, sind ihre Rentenansprüche bei langer Teilzeitarbeit noch einmal geringer und die Gefahr der Altersarmut ist noch größer.

Frauen tragen die Hauptlast der sogenannten Care-Arbeit, obwohl sich viele Paare eine andere Aufteilung der Familienarbeit wünschen. Das scheitert aber oft an den finanziellen Verhältnissen. Unstrittig ist, dass Care-Arbeit eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Mit der Elternzeitregelung und der Anerkennung von Erziehungszeiten für die Altersversorgung ist das für die Betreuung von Kleinkindern geregelt. Nur endet die Erziehung nicht mit dem Kindesalter von drei Jahren, sondern die Frauen bleiben länger zu Hause oder arbeiten viele Jahre in Teilzeit, weil sich sonst Familie und Beruf nicht vereinbaren lassen. Das Gesetz zur Brückenteilzeit hat jetzt die Möglichkeit eröffnet, leichter nach einer Teilzeitphase wieder in Vollzeit zu arbeiten. Aber hier sind noch viele Bedingungen zu beachten, sodass nicht alle Frauen davon profitieren können.

Care-Arbeit ist aber nicht allein Frauensache. Auch Männer, Väter wollen sich laut eigener Aussage stärker in der Kindererziehung engagieren. Eine stärkere Flexibilisierung in der Arbeitszeitgestaltung, durch Arbeitszeitkonten oder Homeoffice würde für viele Paare die Rush Hour des Lebens entzerren.

Aber noch ist die Quote der Männer, die ihre Arbeitszeit zu Gunsten von Familien-arbeit reduzieren, sehr gering. Eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden als Vollzeit würde den Wünschen vieler Eltern entgegenkommen.

Eine weitere Problemstellung für die Rentenansprüche ist die Pflege von Familien-angehörigen. Auch dies geht vor allem zu Lasten der Frauen. Auch hier ist die Gesellschaft gefragt, denn wenn nicht so viele Pflegebedürftige zu Hause gepflegt würden, würde das Sozialsystem zusammenbrechen. Bisher berücksichtigt der Gesetzgeber nur „nahe Angehörige“, die einen Anspruch auf kurzfristige Reduzierung haben. Aber viele Familien leben heute nicht mehr am selben Ort. Daher muss der Begriff des „Angehörigen“ erweitert werden auf Nachbarn und Freunde, die bereit sind, die Pflege zu übernehmen.

Andere europäische Länder wie Dänemark, Irland, Finnland, Schweden und Österreich sind da schon weiter. In Österreich haben die Pflegenden einen eigenen Anspruch auf Lohnersatzleistung; davon zahlen sie ihre Renten- und Kranken-versicherung. Der Lohn beträgt derzeit 1700 Euro, wenn sie eine kurze Pflegeausbildung absolviert haben.

Pflegenden Angehörigen muss, analog zur Elternzeit, ein Anspruch auf Lohn-ersatzleistung zustehen, wenn sie ihre Arbeitszeit reduzieren oder vorübergehend unterbrechen. Auch sollen ihnen 10 arbeitsfreie Tage pro Jahr zustehen, um sich kurzfristig notwendigen Pflegeaufgaben widmen zu können (Forderungen der BAGSO 2019).

Pflegende Angehörige sollten aber auch von den Kommunen und im Betrieb nicht alleingelassen werden. Beratung und Unterstützung gerade bei Beginn einer Pflegetätigkeit sind notwendig.

In der Zeit der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie prekär viele Frauen-arbeitsplätze sind. Durch die vermehrte Möglichkeit des Homeoffice wäre eine günstigere Bilanz der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gegeben, aber durch die Schließung der Schulen und Kindertagesstätten sowie der Tagespflege übernahmen zum großen Teil Frauen die Care-Arbeit und steckten mit der eigenen Berufstätigkeit wieder zurück. Besonders stark traf dies Alleinerziehende, die nicht in einem systemrelevanten Beruf arbeiten. Minijobs in der Gastronomie und im Einzelhandel, die viele Frauen und Studentinnen nutzen, fielen fast ganz weg. Viele Frauen sind in Steuerklasse V. Durch die Plötzlichkeit der Schließung vieler Geschäftszweige und dem daraus resultierenden Kurzarbeitergeld oder anderen Lohnersatzleistungen konnten viele Frauen nicht mehr in eine günstigere Lohnsteuerklasse wechseln, was ihre Ansprüche verminderte.

Der Bayerische Landesfrauenrat fordert:

  • ­Mehr Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung durch Homeoffice, Telearbeit und Arbeitszeitkonten;
  • ­flächendeckend betriebsinterne kommunale Angebote zur Unterstützung bei der Pflege;
  • ­Einführung einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung als eigener Anspruch der Pflegenden;
  • ­die Anrechnung von Pflegezeiten in der Rentenversicherung ist für alle Pflegenden (auch für Nachbarn und Freunde und nicht nur für nahe Angehörige) in Betracht zu ziehen.
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